Munich School of Management Magazine Neue Ideen – neue Wege Zeitreise der Fakultät Spannende Forschungsprojekte vor und während der Pandemie Neue Masterprogramme und digitale Lehre Physische und Online-Veranstaltungen an der Fakultät Initiativen und Ideen ... und vieles mehr Das Magazin der Fakultät für Betriebswirtschaft der LMU München und des LMU Management Alumni 2020Munich School of Management Magazine 2020 STECKBRIEF Munich School of Management Magazine 2020 2 Die Fakultät stellt sich vor Key Facts: Ca. 3.300 Studierende Ca. 450 AbsolventInnen 23 ProfessorInnen 10 NachwuchswissenschaftlerInnen 9 HonorarprofessorInnen Ca. 130 wissenschaftliche MitarbeiterInnen Unsere Studiengänge auf einen Blick: Bachelor of Science (B.Sc.) – BWL Bachelor of Science (B.Sc.) – Wirtschaftspädagogik Master of Science (M.Sc.) – BWL Master of Science (M.Sc.) – Wirtschaftspädagogik M.Sc. – Media, Management and Digital Technologies (MMT) Master of Business Research (MBR) European Triple Degree (ETD) Management – International Triple Degree (M.Sc.) Executive Master of Insurance (EMI) Unsere Center of Excellence auf einen Blick: Center for Digital Technology and Management LMU Innovation and Entrepreneurship Center Zentrum für Internetforschung und Medienintegration Zentrum für organisationstheoretische Grundlagen forschung LMU Center for Advanced Management Studies Economics & Business Data Center Munich Risk and Insurance Center Münchner Zentrum für Gesundheitswissenschaften (MC-Health) Das Netzwerk LMU Management Alumni stellt sich vor Unser Ziel: Seit der Gründung (2003) steht unser gemeinnütziges Ehemaligen-Netzwerk für Information, Förderung und Vernetzung für aktuell Studierende, Ehemalige und Unternehmen und Förderer. Durch vielfältige Angebote schaffen wir eine langfristige Win-win-Situation für alle Beteiligten. Unsere Publikationen: Munich School of Management Magazine Absolventenbuch Regelmäßige Newsletter Zahlen und Fakten: Ca. 2.200 persönliche Mitglieder Ca. 45 Fördermitglieder Erweitertes Netzwerk vieler Ehemaliger Förderung: Awards für herausragende Studienleistungen / Abschlussarbeiten Deutschlandstipendien Konferenzteilnahmen Infrastruktur der Fakultät zur Förderung der Studienbedingungen Unser Fokus: Vernetzung Homecoming-Event / Alumni-Symposien Alumni-Dialoge Vorträge & Führungen Akademische Abschlussfeiern Partnerprogramm TOP-BWL Career Day Zentrale Stellenbörse der Fakultät „Jobworld“ Informationen und Anmeldung unter www.bwl.alumni.uni-muenchen.de oder alumni@bwl.lmu.de FINANCE & INSURANCE Prof. Elsas Prof. Glaser Prof. Richter LEGITIMACY & RESPONSIBILITY DIGITAL TRANSFORMATION ACCOUNTING & TAXATION Prof. Hofmann Prof. Nasev Prof. Schanz Prof. Sellhorn MARKETING & INNOVATION MANAGEMENT Prof. Meyer Prof. Schwaiger Prof. Spanjol MANAGEMENT & STRATEGY Prof. Claussen Prof. Högl Prof. Kretschmer Prof. Seitz Prof. Tuschke Prof. Weller HUMAN RESOURCE EDUCATION & MANAGEMENT Prof. Mühlemann Prof. Weber INFORMATION SYSTEMS & DIGITAL BUSINESS Prof. Hess Prof. Kranz Prof. Leidl Prof. SpannMunich School of Management Magazine 2020 3 EDITORIAL Liebe Studierende, Ehemalige, Förderer und Freunde der Fakultät, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Kolleginnen und Kollegen, Prof. Dr. Ingo Weller, Dekan freuen Sie sich mit mir auf eine ganz besondere Ausgabe unseres „Munich School of Management Magazine“. Die Ausgabe spannt einen zeitlichen Bogen aus der Vor-Covid- Zeit zur aktuellen Covid-Situation. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass die meisten von uns fast ausschließlich aus dem Homeoffice arbeiten würden, Unterricht nur noch digital stattfindet und Klausuren als Online-Hausarbeiten zu Hause geschrieben werden. Die Ausgabe informiert Sie über Forschungsprojekte, Veranstaltungen und Aktivitäten, die wir als Institute, Alumni-Verein, Fachschaft und Fakultät noch vor der Pan- demie initiieren und durchführen konnten; gleichzeitig bil- det sie ab, welche neuen Forschungsthemen und Initiati- ven in der Corona-Zeit entstanden sind, wie (schnell) wir auf vollständig digitale Lehre und Prüfungen umgestellt haben und welche Projekte verschoben oder anders als geplant durchgeführt werden mussten. Um die Pandemie mit ihren Einschränkungen und Di- gitalisierungspotenzialen angemessen abzubilden, wurde das Erscheinungsdatum dieser Ausgabe bewusst auf einen späten Zeitpunkt gelegt. Es gab in der Zwischenzeit aber nicht nur Corona; auch andere Themen haben das Leben an der Universität beeinflusst. Unsere Fakultät feierte im Jahr 2019 ihren 45. Geburtstag. In einer Zeitreise können Sie in dieser Ausgabe nachverfolgen, welche Ereignisse an der Fakultät, in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seitdem stattgefunden haben. Erstellt wurde die Zeitreise im Rahmen des Home coming-Events Ende 2019, das wir als gemeinsames Fest mit unseren Alumni, Studierenden und MitarbeiterInnen in sehr schöner Erinnerung haben. Das Datum für das nächste Homecoming-Event stand da- mals schnell fest – dass wir dieses jedoch als Online-Ver- anstaltung abhalten würden, konnte damals keiner ahnen. Lesen Sie mehr zu beiden Ereignissen im Fakultätsteil! Die Zeitreise geht weiter: Die Fakultät entwickelt sich, personell, strukturell und thematisch. Wir begrüßen Pro- fessor Stefan Feuerriegel. Herr Feuerriegel kommt von der ETH Zürich und bringt ein Zukunftsthema mit an unsere Fakultät: Finanziert über die High-Tech Agenda Bayern, wird er einen Lehrstuhl für „KI-Methoden in Unterneh- men“ aufbauen und das Cluster „Information Systems & Digital Business“ verstärken. Wir freuen uns auf Profes- sor Johannes Jaspersen, der von der Leibniz Universität Hannover zu uns stoßen und das Cluster „Finance & In- surance“ mit einer Professur für „Behavioral Risk Manage- ment & Insurance“ verstärken wird. Ein herzliches Will- kommen auch für Professor Nikolaus Seitz, der Professor Franz Waldenberger vertritt. Verabschieden müssen wir uns leider von Professorin Leonie Sundmacher, die einen W3-Ruf an die TUM erhalten und angenommen hat. Auf weitere personelle Zugänge freuen wir uns schon jetzt; wir halten Sie auf dem Laufenden. Inhaltlich geprägt ist die strategische Neuausrichtung der Fakultät durch ein Markenkernprojekt, das wir vor ca. zwei Jahren angestoßen haben. Ein Ergebnis des Projekts ist, dass wir zukünftig als „LMU Munich School of Manage- ment“ auftreten werden. Zudem haben wir unsere bisheri- gen Cluster neu strukturiert und durch zwei zukunftsfähi- ge Querschnittsthemen ergänzt: „Digital Transforma tion“ und „Legitimacy & Responsibility“. Die Digitalisierung ver- ändert die Welt, und ohne verantwortliches Agieren auf al- len Ebenen ist die Transformation nicht zukunftsfähig zu bewältigen. Wie die neuen Cluster inhaltlich zugeschnit- ten sind und wie die Querschnittsthemen sie durchziehen, erfahren Sie ebenfalls in dieser Ausgabe. Unter einer er- weiterten Bezeichnung wurde schließlich auch das etab- lierte „Entrepreneurship Center“ neu positioniert; zukünf- tig agiert es als „Innovation and Entrepreneurship Center, IEC“ und ist direkt unserer Fakultät zugeordnet. Die oben angerissene Strategieinitiative wird uns noch für einige Monate – und bei einzelnen Themen Jahre – begleiten. Ich lade Sie herzlich dazu ein, die Fortsetzung der Zeitreise unserer „LMU Munich School of Manage- ment“ weiter zu verfolgen. Ich wünsche Ihnen eine an- regende und unterhaltsame Lektüre und freue mich auf unser nächstes physisches Zusammenkommen – hoffent- lich beim Homecoming-Event 2021! IhrMunich School of Management Magazine 2020 4 INHALT Steckbrief 2 Editorial 3 FORSCHUNG 7 Behavioral Economics und Gesundheit 8 Veränderungsprojekte – evidenzbasiert besser verstehen 9 Seeking Analyst Coverage 12 Moral Hazard in a Social Health Insurance System 14 Regionale Bedarfsplanung und Versorgung 15 Opening up the Black Box: The Impact of Technological Transparency on Self-Protection 16 Digitalisierung und kaufmännische Berufs- ausbildung 17 Projekte am HSM 18 Inverse Transparenz und Führung 20 Einfluss der Umwelt auf Entscheidungen 22 Konferenzen und Forschung am IUC 24 Studie in Science Advances 25 Workshop Versorgungsforschung 25 Vorstellung einer Studie zur Steuerkomplexität 26 Forschungsseminare am IMM 27 EARLI 2019 28 Projekt Datenportabilität 29 Pellens + 4 30 Forschung am KMF 30 Forschung am IMM 31 Erforschung der Unternehmenstransparenz 31 COVID-19 und Digitalisierungsprogramme 32 Risikomanagement in der Corona-Krise 34 Einfluss von Corona auf betriebliche Steuerung und Kontrolle 35 Corona und Auszubildende 36 Arbeit und Privatleben in Corona-Zeiten 38 Digitalisierung durch Corona? – Neue bidt-Studie 39 COVID-19 and leadership 40 LEHRE 41 International Triple Master 42 Innovative Lehrkonzepte am IUC 43 Executive Master of Insurance 45 Foto (links oben): © Megan E. Davis / shutterstock; Illustration: © strichfiguren.de / Adobe Stock 24 Konferenzbesuch: Das Management Accounting Section Midyear Meeting in Fort Lauderdale, Florida. 48 Preisverleihung: Übergabe der Lehr- preise der Fachschaft BWL im Rahmen der Akademischen Abschlussfeier. 64 Homecoming: Die LMU in neuem Licht. 38 Homeoffice: Arbeit und Privatleben in Corona-Zeiten.Munich School of Management Magazine 2020 5 INHALT ETD: Aufnahme in das QS TOP MBA Hochschulranking 46 Lehre@LMU: empirisches wissenschaftliches Arbeiten 47 Auszeichnung für Exzellenz in der Lehre 48 Forensic – Fallstudienseminar am IMM 50 eAssessment – Digitale Prüfungen 51 Munich Summer Institute 2019 51 Hidden champion in der Münchner Gründerszene 52 „ReWe@LMU to go“ und „Lehre Online“ 53 Digitale Lehre und Prüfung in Corona-Zeiten 54 Service Innovationen als Reaktion auf Corona 55 Begegnungen und Reflexionen im „Lockdown“ 56 ORG online seminars 57 Fallstudienseminar mit Porsche Consulting am IMM 58 FAKULTÄT 59 45 Jahre Fakultät für Betriebswirtschaft – eine Zeitreise 60 Homecoming 2019: Die LMU in neuem Licht 64 Alumni-Netzwerk: Information. Förderung. Vernetzung. 66 Wir gratulieren … 68 Rede auf der Akademischen Abschlussfeier 70 Feierliche Eröffnung des bidt 71 45. Münchener Marketing Symposium: Mit Tech und Touch die Zukunft gestalten 72 LMU EC: Abschied von Dietmar Harhoff 75 Studienberatung und Studierendencoaching am ISC 76 Herzlich willkommen, Professor Nikolaus Seitz! 78 Sechs Jahre Fachschaftszeit – ein Interview mit Viktoria Unger 79 Zum Tod von Eugen Leitherer – ein Nachruf 81 Interview mit Katharina Weiß 82 Neues aus der Fachschaft 83 Mentoring-Programm für Nachwuchs- wissenschaftlerInnen 86 Women in Business Programm 87 Absolventinnen und Absolventen 2019/20 88 Unser Alumni-Netzwerk wurde digital 91 Die Krise als Treiber des Wandels – Münchener Marketing-Symposium online 92 FirmenKontaktGespräch 2020 94 Foto (links oben): Megan E. Davis shutterstock; Illustration: strichfiguren.de Adobe Stock 72 Gut besucht: 45. Münchener MarketingSymposium: Mit Tech und Touch die Zukunft gestalten (links). 54 Leere: Digitale Lehre und Prüfung in Corona-Zeiten. 53 Für unterwegs: „ReWe@LMU to go“ und „Lehre Online“. Fotos: © brizmaker / Adobe Stock (rechts oben); © carballo / Adobe Stock (links unten)Munich School of Management Magazine 2020 6 INHALT INTERNATIONAL 95 Im Ausland studieren – trotz Unruhen 96 Forschungsaufenthalt: Yale School of Management 98 Forschungsaufenthalt: Kanada 99 Internationaler Studierendenaustausch und Corona 100 PRAXIS 101 Young Entrepreneurship in Sierra Leone 102 Industrie 4.0 Barometer 2019: Evolution statt Revolution 104 M-Excellence-Exkursion nach Bonn/Düsseldorf 106 Wie verändert sich die Rolle von Aufsichtsräten? 108 EXIST-Potential: LMU successfully competed for BMWi grant application 109 17. Münchener Forschungspreis für Wirtschaftsprüfung 110 EY Valuation Workshop 111 Getting To Know Social Entrepreneurship in Berlin 112 Übergabe des EFI-Vorsitz nach 12 Jahren 113 DIVERSES 114 Kurz gemeldet: Neuigkeiten aus der Fakultät 114 Fakultätseinrichtungen und Kontakte 118 Impressum 118 98 Forschungsaufenthalt: Désirée-Jessica Pély an der Yale School of Management. 106 Exkursion: M-Excellence in Bonn und Düsseldorf. 118 Ansprechpartner: Fakultäts einrichtungen und Kontakte. Illustration: © strichfiguren.de / Adobe StockFORSCHUNG Vielfalt an Clustern führt zu Vielfalt an Forschungsthemen: Gesundheit und Health Insurance – Aktienanalysen und Steuerkomplexität – Kaufmännische Berufs bildung – Datenportabilität und Inverse Transparenz – Education – Und natürlich Corona UND Digitalisierungsprogramme, Homeoffice, Führung, Risikomanagement, Steuerungs- systeme, Nachfrage nach Auszubildenden ... inklusive Sonderseiten zu Corona Foto: © sdecoret / Adobe Stock Illustration: strichfiguren.de Adobe StockMunich School of Management Magazine 2020 FORSCHUNG 8 Behavioral Economics und Gesundheit → Kann man Menschen dazu bringen, sich gesünder zu ernähren, ohne sie in ihrer Ent- scheidungsfreiheit einzuschränken? In einer aktuellen Studie zeigen Forscher der Univer- sität Cambridge 1 , dass durch eine Erhöhung des Anteils vegetarischer Speisen in der Kan- tine der Fleischkonsum signifikant verrin- gert werden konnte. Dies ist sowohl aus öko- logischer als auch gesundheitlicher Perspek- tive wünschenswert. Gleichzeitig blieben aber die Gesamtumsätze unverändert, wo- durch eine Abwanderung der Fleisch-kon- sumierenden Kunden zu anderen Restau- rants oder Kantinen ausgeschlossen wer- den konnte. Dieser Ansatz wurde durch den Verhaltensökonomen Richard Thaler als „Nudging“ bekannt. Grundsätzlich geht es bei diesem Ansatz darum, bessere Verhal- tensstrategien zu fördern, ohne Individuen in ihrer Entscheidungsfreiheit zu beschrän- ken. Spätestens seit Formulierung der „Pro- spect Theory“ durch die Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky und der spä- teren Verleihung des Alfred-Nobel-Gedächt- nispreises für Wirtschaftswissenschaften an Kahneman, haben menschliches (oft irratio- nales) Verhalten und insbesondere kognitive Verzerrungen Einzug in die wirtschaftswis- senschaftliche Forschung erhalten. Am Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (Professor Reiner Leidl) werden unter an- derem verhaltensökonomische Aspekte zur Erklärung und Verbesserung von individu- ellem Gesundheitsverhalten und deren Zu- sammenhänge mit gesundheitsökonomi- schen Faktoren erforscht. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem entspre- chenden Institut am Helmholtz Zentrum München. Dort wurde bereits vor einigen Jahren damit begonnen, verhaltensökono- mische Fragen in groß angelegten Kohor- tenstudien der Allgemeinbevölkerung mit aufzunehmen. Dies ermöglicht die Unter- suchung verhaltensökonomischer Frage- stellungen im Gesundheitskontext auf Po- pulationsebene. Gegenüber experimentellen Laborstudien können dabei größere Stich- proben bearbeitet und reales Gesundheits- verhalten mit einer Vielzahl an zusätzlichen Informationen wie sozioökonomischem Status, chronischen Erkrankungen oder klinischen Parametern analysiert werden. StudienteilnehmerInnen werden beispiels- weise zu ihren Risiko- und Zeitpräferenzen befragt. Auch die Höhe des Status-quo Bias, der die „Macht der Gewohnheit“ anspricht, kann abgeleitet werden. Damit lässt sich eine Vielzahl an ver- haltensökonomischen Fragestellungen un- tersuchen. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass (höhere) Risikopräferenz die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistun- gen (negativ) beeinflussen können oder dass ein höherer Status-quo Bias mit weniger ge- sundem Lebensstil einhergeht. 2,3 In beste- hender Literatur wird auch der Einfluss von Zeitpräferenzen auf gesundheitsschädliches Verhalten wie Alkoholkonsum oder Überge- 1 Garnett, E. E., Balmford, A., Sandbrook, C., Pilling, M. A., & Marteau, T. M. (2019). Impact of increasing ve getarian availability on meal selection and sales in cafeterias. Proceedings of the National Academy of Sciences, 116(42), 20923-20929. https://www.pnas.org/content/116/42/20923.short 2 Lutter, J. I., Szentes, B., Wacker, M. E., Winter, J., Wichert, S., Peters, A., ... & Leidl, R. (2019). Are health risk attitude and general risk attitude associated with healthcare utilization, costs and working ability? Results from the German KORA FF4 cohort study. Health economics review, 9(1), 26. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31471778 3 Karl, F. M., Holle, R., Schwettmann, L., Peters, A., & Laxy, M. (2019). Status quo bias and health behavior: findings from a cross-sectional study. European jour- nal of public health, 29(5), 992-997. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30778558 wicht quantifiziert. Basierend auf diesen Er- kenntnissen können effektive Maßnahmen ergriffen und Interventionen gestaltet wer- den, die Entscheidungsverhalten miteinbe- ziehen und dadurch die Gesundheit sowohl auf individueller als auch auf Populations- ebene fördern. Adriana König & Reiner Leidl Illustrationen: © Good Studio / Adobe Stock (o.), © ayelet-keshet / shutterstock (u.)Munich School of Management Magazine 2020 FORSCHUNG 9 Veränderungsprojekte verfehlen oft die gewünschten Ergebnisse: Wie sieht es bei Ihnen aus? Wir am Institut für Leadership und Organization (ILO) arbeiten mit Unternehmen zusammen, um evidenzbasiert Veränderungsprozesse besser zu verstehen. → Globale Krisensituationen, Fusionen, technologische Innovatio- nen, neue Organisationsformen und der demografische Wandel ge- hören zu den zentralen Treibern, die Organisationen dazu bewegen, Veränderungsprojekte in immer kürzeren Zeitabständen anzusto- ßen und umzusetzen. Veränderung – wie uns in der Covid-19-Pan- demie vor Augen geführt wird – ist daher ein omnipräsentes Ele- ment der Unternehmenswelt und sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene relevant. Es gibt vermutlich wenige Organisa- tionen, die derzeit nicht an der Realisierung mehr oder minder weit- reichender Veränderungsprojekte arbeiten. Veränderungsprojekte können unterschiedlichste Inhalte und Beweggründe haben. BMW gibt sich eine neue Struktur, um auf Elektromobilität umzustellen; die Allianz führt agile Arbeitsweisen ein und die Verwaltung der Stadt München arbeitet mit Hochdruck an der Digitalisierung ihrer Prozesse. Solche Veränderungen systematisch anzugehen und er- folgreich zu gestalten ist daher eine entscheidende Kompetenz von Führungskräften in allen Arten von Organisationen – im privaten wie im öffentlichen Sektor. Obwohl die Managementforschung sich seit langer Zeit mit Ver- änderungsprozessen befasst – von Kurt Lewins berühmter Kraft- feldtheorie (1947) bis hin zu John Kotters verbreiteten 8-Stufen Mo- dell (1995) – gibt es nach wie vor ein hohes praktisches sowie aka- demisches Interesse an dem Thema. Denn auch von langer Hand geplante Veränderungsprozesse in Organisationen erweisen sich ge- meinhin immer noch als schwierig. Obwohl es keine überzeugende Evidenz für die verbreitete Mythe „70% aller Veränderungsprojek- te scheitern“ gibt (siehe Hughes, 2011), scheint dennoch Konsens darüber zu bestehen, dass die Mehrheit der Veränderungsprojek- te nicht die erwünschten Ergebnisse erzielen. Dabei variiert die Komplexität je nach Inhalt und Umfang der Veränderungsprojekte stark. Die Einführung eines neuen Enterprise Resource Planning Systems in einem multinationalen Unternehmen ist nur schwer mit der Einführung eines neuen Qualitätsmanagementansatzes (z.B. Total Quality Management) bei einem deutschen Mittelständler zu vergleichen. Die Verbreitung universalgültiger Misserfolgsquoten von Veränderungsprojekten ist aus unserer Sicht wenig sinnvoll. In anderen Worten: Veränderung ist nicht gleich Veränderung. Die menschliche Seite von Veränderungsprozessen als Forschungsschwerpunkt am ILO Planung, Zielformulierung und Kontrolle der Veränderungen sind für Organisationen aus unserer Sicht der einfachere Teil. Ein min- destens genauso kritischerer Erfolgsfaktor in Veränderungsprojek- ten ist es, eine ausreichende Anzahl an Betroffenen zu aktivieren, zu befähigen und mitzunehmen. Diese menschliche Seite von Ver- änderungsprozessen steht im Fokus der aktuellen Forschung am Institut für Leadership und Organisation (ILO). Mit menschlicher Seite sind vor allem die Reaktionen und Erfahrungen der Menschen (Kognition, Emotion und Verhalten) während Veränderungsprozes- sen gemeint. Letztlich sind es die MitarbeiterInnen, die angestreb- te Veränderungen durch ihr Handeln zum Leben erwecken – sei es das Arbeiten in neuen agilen Strukturen, die Umsetzung einer neuen Marktstrategie oder das Nutzen einer neuen Software. Der Begriff MitarbeiterInnen ist hier durchaus breit zu verstehen. Auch Führungskräfte sind MitarbeiterInnen und reagieren je nach Hier- archieebene mitunter sehr verschieden auf Veränderungsprojekte. Forschungsstand und Bedarf an interdisziplinären Betrachtungsweisen Grundsätzlich hat die menschliche Seite von Veränderungsprozes- sen in den letzten Jahren ein erhöhtes Forschungsinteresse aus un- terschiedlichen Disziplinen auf sich gezogen. Vor allem die Organi- sations- und Führungsforschung, die Wirtschaftsinformatik und die Strategieforschung haben wichtige Beiträge zum wissenschaftlichen Diskurs erarbeitet. Teilweise beleuchten die Disziplinen das Thema dabei aus ähnlichen Blickwinkeln, teilweise setzen sie unterschied- liche Schwerpunkte. Die Organisations- und Führungsforschung hat sich intensiv mit unterschiedlichsten MitarbeiterInnen-Reaktionen auf Verän- derungen beschäftigt wie zum Beispiel Commitment oder Wider- stand. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf den Veränderungs- prozess (z.B. Führungsverhalten, Beteiligung) und auf individuel- le Charakteristika (z.B. Persönlichkeit) als Erklärungsansätze für unterschiedlichste MitarbeiterInnen-Reaktionen gelegt. Eine etwas jüngere Literatur mit ähnlichen Zugängen auf Basis psychologi- scher Theorien gibt es in der Wirtschaftsinformatik. Hier haben sich Forscher intensiv in empirischen Arbeiten mit MitarbeiterIn- nen-Reaktionen auf die Einführung von technologischen Verände- rungen beschäftigt und wichtige Erkenntnisse für die Steuerung von Technologieeinführungen in Organisationen gewonnen (Stich- wort: Technologieakzeptanzmodell). Aber auch das Strategische Management hat sich mit der menschlichen Seite von insbeson- dere groß angelegten Transformationsprozessen über längere Zeit- räume beschäftigt. Dabei wurden zum Teil eher soziologische Zu- gänge gewählt, die einen stärkeren Fokus auf kollektive Prozesse und Reaktionen (z.B. geteilte Emotionen wie Angst von mehreren Mitarbeitern; kollektive „sensemaking“ Prozesse) und deren Kon- sequenzen für das Gelingen von Veränderungen legen. In unserer Forschung am ILO versuchen wir die Erkenntnisse aus den unter- schiedlichen Disziplinen zusammenzuführen und für unsere Feld- forschung zu nutzen. Aktuelle Forschungsthemen zu Veränderungsprozessen am ILO Mehrere unserer Forschungsprojekte agieren an der Schnittstelle zwischen den skizzierten Disziplinen. Ein Kernanliegen unserer Forschungsarbeit ist es, den wissenschaftlichen Diskurs voranzu- bringen und auch Implikationen für die Unternehmenspraxis ab- zuleiten. Dafür arbeiten wir in Feldstudien eng mit Kooperations- partnern zusammen und begleiten Veränderungsprozesse auf Basis unterschiedlicher Forschungsdesigns. Wir skizzieren hier kurz vier aktuelle Projekte: Illustrationen: Good Studio Adobe Stock (o.), ayelet-keshet shutterstock (u.)Next >